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Mathematiker
 

Georg Cantor

Georg CantorGeorg Ferdinand Ludwig Philipp Cantor, geboren 1845 in Sankt Petersburg, gestorben 1918 in Halle an der Saale, war ein deutscher Mathematiker und gilt als Begründer der Mengenlehre.

Cantors Forschungen betrafen zum einen die Zahlentheorie und die Funktionentheorie - hier insbesondere die Theorie der trigonometrischen Reihen, vor allem aber gelangte er zu tiefgreifenden Ergebnissen innerhalb eines damals völlig neuen Gebietes der Mathematik, der später so genannten Mengenlehre. Seine erste Veröffentlichung, in der er Eigenschaften von Mengen (damals noch Inbegriffe, Gesamtheiten oder Mannigfaltigkeiten genannt) diskutierte, erschien 1874: Über eine Eigenschaft des Inbegriffs aller reellen algebraischen Zahlen.

Ernst Zermelo, der 1932 die Gesammelten Abhandlungen von Cantor herausgegeben hat, beginnt sein Vorwort mit den Sätzen

In der Geschichte der Wissenschaften ist es gewiss ein seltener Fall, wenn eine ganze wissenschaftliche Disziplin von grundlegender Bedeutung der schöpferischen Tat eines einzelnen zu verdanken ist. Dieser Fall ist verwirklicht in der Schöpfung Georg Cantors, der Mengenlehre, einer neuen mathematischen Disziplin, die während eines Zeitraumes von etwa 25 Jahren in einer Reihe von Abhandlungen ein und desselben Forschers in ihren Grundzügen entwickelt, seitdem zum bleibenden Besitze der Wissenschaft geworden ist, so daß alle späteren Forschungen auf diesem Gebiete nur noch als ergänzende Ausführungen seiner grundlegenden Gedanken aufzufassen sind.

Cantor hätte sich glücklich geschätzt, wenn seine Forschungsergebnisse zu seinen Lebzeiten von allen Fachkollegen derart gewürdigt worden wären. Zur damaligen Zeit war man allgemein der Auffassung, den Begriff der Unendlichkeit nur in potentieller Weise interpretieren zu dürfen, was bedeutet, dass es erstens zu jeder gegebenen Größe zwar immer eine noch größere geben kann, zweitens dieser Prozess des Größerwerdens manchmal - zum Beispiel beim Abzählen der natürlichen Zahlen - niemals endet, aber drittens jede Größe - und sei sie noch so groß - immer endlich zu denken ist. Der radikale Schluss, den Cantor aus seinen Arbeiten jedoch ziehen musste, hieß vereinfacht ausgedrückt: Es gibt unendlich große Größen! Und man kann diese aktual unendlichen Dinge darstellen, miteinander vergleichen, u.s.w.

So ist beispielsweise die Mächtigkeit der Menge der natürlichen Zahlen und die der Menge der rationalen Zahlen gleich. In heutiger Sprechweise: Die Menge aller rationalen Zahlen ist abzählbar, die Menge der reellen Zahlen dagegen ist nicht abzählbar ( Beweis). Die Erkenntnis, dass es unendlich große Mengen gibt, die im Hinblick auf ihre charakteristische Unendlichkeit verschieden voneinander sind, stieß - etwa bei Leopold Kronecker und anderen Mathematikern - auf erbitterten Widerstand.

Die Tatsache, dass jeder reellen Zahl in eineindeutiger Weise ein Punkt auf einer Zahlengeraden zugeordnet werden kann (vgl. die Bemerkungen zu Richard Dedekind), kann auch ein Nichtmathematiker ganz gut nachvollziehen, das Ergebnis Cantors jedoch, dass die Menge aller Punkte einer Ebene und die Menge aller Punkte einer Geraden gleichmächtig sind, ist höchst überraschend und irritierend!

Einen ersten Einblick in die Mengenlehre bietet das Kapitel Menge.

1845 Cantor wird am 3. März in Petersburg  geboren.
1860 Besuch der Höheren Gewerbeschule in Darmstadt (bis 1962).
1862 Beginn des Studiums, zunächst in Zürich, ab 1963 in Berlin (Mathematik, Physik und Philosophie).
Unterricht bei K. Weierstraß, E. Kummer und L. Kronecker.
1866 Im Sommersemester Aufenthalt an der Universität in Göttingen.
1867 Promotion in Berlin bei E. Kummer mit einer Arbeit über Zahlentheorie: De aequationibus secundi gradus indeterminatis.
1868 Staatsprüfung als Lehrer für das höhere Lehramt.
Beschäftigung als Mathematiklehrer am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Berlin.
1869 Habilitation und Beginn der Lehrtätigkeit an der Universität Halle als Privatdozent.
Cantor wird ordentliches Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle.
1870 Beweis, dass eine für jeden Wert von x durch eine trigonometrische Reihe gegebene Funktion f(x)
sich nur auf eine einzige Weise in dieser Form darstellen lässt.
1871 Über trigonometrische Reihen
1872 Ernennung zum Extraordinarius an der Universität Halle.
Cantor lernt auf einer Reise in die Schweiz Richard Dedekind kennen.
Über die Ausdehnung eines Satzes aus der Theorie der trigonometrischen Reihen.
1874 Nachweis, dass die Menge der reellen Zahlen und die der natürlichen Zahlen verschiedene Kardinalzahlen haben.
Über eine Eigenschaft des Inbegriffs aller reellen algebraischen Zahlen
.
1878 Cantor wird korrespondierendes Mitglied der Göttinger Sozietät der Wissenschaften.
Ein Beitrag zur Mannigfaltigkeitslehre.
1879 Innerhalb der nächsten 5 Jahren erscheinen seine wichtigsten Arbeiten zur Begründung der Mengenlehre:
Über unendliche lineare Punktmannigfaltigkeiten.
Cantor wird zum ordentlichen Professor ernannt.
1883 Grundlagen einer allgemeinen Mannigfaltigkeitslehre.
1885 Über die verschiedenen Standpunkte in bezug auf das aktuelle Unendliche.
1890 Gründung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung mit Cantor als ihrem ersten Vorsitzenden.
1891 Über eine elementare Frage der Mannigfaltigkeitslehre.
1895 Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre (1. Artikel).
1897 Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre (2. Artikel).
1901 Ernennung zum Ehrenmitglied der London Mathematical Society und der Charkower Mathematischen Gesellschaft.
1907 Ernennung zum Ehrenmitglied des Mathematischen Vereins der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg
1913 Emeritierung.
1918 Cantor stirbt am 6. Januar in Halle.
1932 Gesammelte Abhandlungen mathematischen und philosophischen Inhalts, herausgegeben von Ernst Zermelo.

Wikipedia: Georg Cantorexterner Link
Universität Halle: Georg Ferdinand Ludwig Philipp Cantor (1845-1918)externer Link