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Mathematiker
 

Giuseppe Peano

Giuseppe PeanoGiuseppe Peano, geboren 1858 in Spinetta di Cuneo, gestorben 1932 in Turin, war ein italienischer Mathematiker. Er arbeitete zunächst als Assistent, dann als Professor an der Universität in Turin.

Peano hat sich vorwiegend mit Problemen der Differential- und Integralrechnung beschäftigt. Ein Hauptziel seiner Forschungsarbeit bestand vor allem darin, die Gesamtheit aller mathematischen Theoreme logisch streng unter Benutzung einer geeigneten symbolischen Sprache darzustellen und auf der Grundlage passend gewählter Axiome zu beweisen. Mit Enthusiasmus überprüfte er bestehende mathematische Definitionen und Lehrsätze auf Lücken und versteckte Fehler.

Auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Zürich im Jahre 1897 war er einer der Hauptvortragenden neben Henri Poincaré, Adolf Hurwitz und Felix Klein. Bertrand Russell, der auch an diesem Kongress teilgenommen hat, schrieb später in seiner Autobiographie über seine Begegnung mit Peano:

Der Kongress brachte den Wendepunkt in meinem geistigen Leben, denn ich traf dort Peano. Ich kannte ihn bereits dem Namen nach und hatte bereits einige seiner Werke gesehen. Aber ich hatte mir nicht die Mühe genommen, seine Symbole zu bewältigen. An den Diskussionen am Kongress fiel mir auf, daß er stets präziser als alle anderen war und daß er jedesmal, wenn er etwas aufgriff, durch seine Beweisführung überzeugte. ... Es wurde mir klar, daß seine Symbole das Mittel für die logische Analysis lieferten, nach dem ich seit Jahren gesucht hatte, und daß ich mir durch das Studium der Peanoschen Lehre eine neue und schlagkräftige Technik erwerben konnte für die Arbeit, die ich schon lange vorhatte.

Der Name Peano fällt zumeist im Zusammenhang mit seinen Axiomen, die der Menge der natürlichen Zahlen zugrunde liegen. Er hat diese Axiome erstmalig 1889 in der Schrift Arithmetices principia nova methodo exposita veröffentlicht (in Kenntnis aber unabhängig von der Abhandlung  Was sind und was sollen die Zahlen? von Richard Dedekind aus dem Jahre 1887).

Peano’s Prinzipien der Arithmetik beginnen im §1. De numeris et de additione mit den Axiomen

1.  1 N.
2.  a N . deducitur . a = a.
3.  a, b N . deducitur : a = b . = . b = a.
4.  a, b, c N . deducitur a = b . b = c : deducitur . a = c.
5.  a = b . b N : deducitur . a N.
6.  a N . deducitur . a+1 N.
7.  a, b N . deducitur : a = b . = . a+1 =  b+1.
8.  a N . deducitur . a+1 = 1.
9.  k K 1 k x N . x k : deduciturx . x+1 k :: deducitur . N deducitur k

Peano verwendet für die Formulierung seiner Axiome, Definitionen, Sätze und Beweise logische und arithmetische Zeichen. Die für die Formulierung der Axiome (1) bis (9) benötigten logischen Zeichen sind:

(est) für „ist“,
deducitur (deducitur aut continetur) für „hieraus folgt“ oder „ist enthalten in“,
= (est aequalis) für „ist äquivalent mit“,
(non) für „nicht“,
K (classis) für „Klasse“;

die hier verwendeten arithmetischen Zeichen sind:

1 (unitas) für „Einheit“,
N (numerus) für „[natürliche] Zahl“,
a+1 (sequens a) für „Nachfolger von a“,
= (est aequalis) für „ist gleich“.

Die Punktzeichen ., :, ::, dienen als Trennzeichen.

Eine Klasse besteht aus voneinander unterscheidbaren Dingen, die alle eine gemeinsame bestimmte Eigenschaft besitzen.

Unter Verwendung dieser Erklärungen lauten die Axiome (1) bis (9) in „normaler“ Sprache wie folgt:

 (1) Die Einheit ist eine [natürliche] Zahl.
 (2)  Wenn a eine [natürliche] Zahl ist, so gilt a = a.
 (3) Wenn a und b [natürliche] Zahlen sind, so bedeutet  a = b  dasselbe wie  b = a.
 (4) Wenn a, b und c [natürliche] Zahlen sind, so folgt aus a = b und b = c, dass  a = c.
 (5) Wenn a = b gilt und b eine [natürliche] Zahl ist, so ist auch a eine [natürliche] Zahl.
 (6) Wenn a eine [natürliche] Zahl ist, so ist der Nachfolger von a auch eine [natürliche] Zahl.
 (7) Wenn a und b [natürliche] Zahlen sind, so gilt:
wenn a und b gleich sind, so sind auch ihre Nachfolger gleich;
wenn die Nachfolger zweier [natürlicher] Zahlen a und b gleich sind, so gilt auch a = b.
 (8) Der Nachfolger einer [natürlichen] Zahl ist niemals gleich der Einheit.
 (9) Wenn die Einheit ein Ding der Klasse K ist
und
man zeigen kann, dass
wenn ein Ding x sowohl eine [natürliche] Zahl als auch ein Ding der Klasse K ist,
so auch der Nachfolger von x ein Ding der Klasse K ist,
so folgt, dass alle [natürlichen] Zahlen in der Klasse K enthalten sind.

Die Axiome (2) bis (5) betreffen die Verwendung der Gleichheitszeichen. Die fünf anderen Axiome gelten den natürlichen Zahlen. Diesen fünf Axiomen hat Peano später noch ein sechstes hinzugefügt (N0 es classe) und im Rahmen der Formulario Matematico die Axiome wie folgt umformuliert (a.a.O. S.27, II. ARITHMETICA, §1):

·0  N0 ε Cls
·1  0 ε N0
·2  a ε N0 .. a+ ε N0
·3  s ε Cls . 0 ε s : x ε s .x. x+ ε s :. N0  s
·4  a, b ε N0 . a+ b+ .. a b
·5  a ε N0 .. a+╺═ 0

Peano gibt hierzu die folgenden Erläuterungen:
N0 bedeutet „Zahl“ und ist der gemeinsame Name von 0, 1, 2, usw. (N0 vale « numero », et es nomen commune de 0,1,2, etc.). 0 bedeutet  „Null“ (0 vale « zero »). + bedeutet  „plus“. Wenn a eine Zahl ist, dann bezeichnet a+ die „Zahl, die auf a folgt“ (+ vale « plus ». Si a es numero, a+ indica numero sequente a).

Die nicht definierten Symbole N0, 0 und + erhalten ihre Bedeutungen einzig und allein durch das System der Axiome (0) bis (5). Alle weiteren Regeln und Gesetzmäßigkeiten für das Rechnen mit natürlichen Zahlen lassen sich durch logisches Schlussfolgern aus diesen Axiomen herleiten (vgl. Vollständige Induktion).

1858 Peano wird am 27. August geboren.
1876 Beginn des Studiums der Mathematik an der Universität Turin.
1880 Promotion. Nachfolgend Lehr- und Forschungstätigkeiten an der Universität Turin.
1884 Calcolo differenziale e principii di calcolo integrale.
1887 Applicazioni geometriche del calcolo infinitesimale.
1888 Calcolo Geometrico, u.a. mit einem Axiomensystem zur Definition eines Vektorraums.
1889 Arithmetices Principia, nova methodo exposita.
1890 Peano findet die erste raumfüllende Kurve, die nach ihm benannte Peano-Kurve.
Peano wird Nachfolger von Genocchi als Professor an der Universität Turin.
1891 Gründung der Fachzeitschrift Rivista di matematica.
1892 Beginn von Formulario Matematico, einem Projekt zur logisch strengen Darstellung mathematischer Sätze.
1894 Herausgabe von Notations de logique mathématique.
1897 Peano hält einen der vier Hauptvorträge auf dem ersten Internationalen Mathematikerkongress in Zürich.
Peano wird zum Mitglied der ständigen internationalen Kommission gewählt.
1900 Teilnahme am Internationalen Kongress für Philosophie in Paris.
1901 Die italienische Regierung ernennt Peano zum Ritter des Ordens der Heiligen Maurizio und Lazzaro.
1903 Entwicklung einer internationalen und universalen Hilfssprache.
De latino sine flexione, Lingua Auxiliare Internationale.
1905 Peano wird zum Mitglied der Accademia dei Lincei in Rom ernannt.
1908 Fünfte und letzte Auflage der Formulario matematico.
Peano wird Mitglied und Direktor der Volapük-Akademie (ab 1909: Academia pro Interlingua)
1912 Studie über die Beziehungen zwischen Ableitungen und Differentialen.
1915 Peano organisiert zusammen mit Boggio und Bottasso Mathematikerkonferenzen in Turin (bis 1920).
Beschäftigung mit numerischen Approximationen.
1924 Peano hält während des Mathematikerkongresses in Straßburg seinen Vortrag in Latino sine flexione.
1932 Peano stirbt am 20. April in Turin.

Wikipedia: Giuseppe Peanoexterner Link
Peano: Arithmetices Principiaexterner Link
Hubert Kennedy: Giuseppe Peanoexterner Link
Hubert Kennedy: Twelve Articles on Giuseppe Peanoexterner Link